Erfolg vor dem OLG Graz: Die im Rechtsschutz-Versicherungsvertrag festgelegte Versicherungssumme muss für jeden Schadenfall gesondert zur Verfügung gestellt werden.

Brisantes Urteil des Oberlandesgerichts Graz kippt die Serienschadenklausel in der Rechtsschutzversicherung. Versicherungsnehmer, die aufgrund einer vermeintlichen Ausschöpfung der Versicherungssumme selbst Zahlungen aufwenden mussten, können diese von ihrer Rechtsschutzversicherung zurückfordern.

Als in besonderem Maße auf Versicherungsrecht spezialisierte Kanzlei haben wir uns in den vergangenen Jahren intensiv mit Deckungsablehnungen von Rechtsschutzversicherern auseinandergesetzt. Wir betreuen zahlreiche Verfahren vor österreichischen Gerichten, in denen Versicherungsnehmern Obliegenheitsverletzungen, wie etwa verspätete Schadenmeldungen vorgeworfen werden. Oft geht es auch um die Frage, ob ein Versicherungsfall überhaupt unter den Versicherungsschutz fällt bzw. ob die Rechtsschutzversicherung aufgrund von Risikoausschlüssen (etwa Bauherrenklausel) leistungsfrei ist.

 

In einem besonders komplexen Verfahren – der Versicherungsnehmer begehrte zunächst Rechtsschutzdeckung für die Rückabwicklung seines Fremdwährungskredits und in der Folge für die Rückabwicklung des Geldwechselvertrags – wurde die Rechtsfrage aufgeworfen, ob die Versicherungssumme in Höhe von EUR 41.000,00,- nochmals zur Verfügung gestellt werden muss. Die Serienschadenklausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB, Art 6.7.2.) besagt, dass bei mehreren Versicherungsfällen, die einen ursächlichen zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen, die Versicherungssumme nur einmal zur Verfügung stehe.

 

Das Erstgericht erachtete diese Serienschadenklausel noch als zulässig. Das OLG Graz ist unserer Rechtsansicht nunmehr gefolgt: Der Text der Klausel ist nicht verständlich und daher intransparent. Dem Kläger steht die Versicherungssumme für beide Versicherungsfälle jeweils gesondert zur Verfügung.

 

Die (nicht rechtskräftige) Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Rechtsschutzversicherer. Eine Begrenzung der Höchstleistung des Rechtsschutzversicherers bei mehreren Schadenfällen gegenüber Verbrauchern ist unzulässig. Versicherungsnehmer, die aufgrund der vermeintlichen Ausschöpfung der Versicherungssumme selbst Zahlungen aufwenden mussten, können diese von ihrer Rechtsschutzversicherung zurückfordern. In Ansehung jüngster Rechtsprechung des EuGH kommt eine Verjährung der Rückforderungsansprüche nicht in Betracht.

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